Auswirkungen des Urteils zur doppelten Besteuerung von gesetzlichen Rentenbezügen


Im Jahr 2020 gab es in Deutschland über 21 Millionen Rentner, die von der Deutschen Rentenversicherung Leistungen bezogen haben. Ungefähr ein Viertel von ihnen zahlte auf seine Rente Einkommensteuer. Die restlichen drei Viertel sind entweder Menschen, die bereits vor der Reform des Rentensystems in den Ruhestand gingen oder ihre Einkünfte liegen unter dem Grundfreibetrag. Der Anteil der Rentner, die Steuern zahlen, wird aber in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer weiter anwachsen.

Zum Hintergrund: Das sogenannte "Alterseinkünftegesetz" wurde im Jahr 2005 aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts eingeführt. Zuvor mussten nur Beamte ihre Pensionen versteuern und ehemalige Angestellte sowie Selbstständige waren mit ihrer normalen Rente von der Steuerpflicht befreit. Dies hat das Bundesverfassungsgericht 2002 als verfassungswidrig bezeichnet. In der Folge wurde die nachgelagerte Besteuerung als Lösung präsentiert. Renten sollten dadurch zum Alterseinkommen zählen, das erst in der Rentenphase versteuert wird. Wenn man aber dieses System von einem Tag auf den anderen umgestellt hätte, wären große Ungerechtigkeiten entstanden. Daher wurde vereinbart, dass diese Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung schrittweise erfolgen soll:

  • Ab 2005 startete die Rentenbesteuerung mit 50 Prozent und steigt bis zum Jahr 2040 auf 100 Prozent an.
  • Der Sonderausgabenabzug der Rentenbeiträge startete ebenfalls 2005 mit 60%. Und ab dem Jahr 2025 können Rentenversicherungsbeiträge zu 100 Prozent abgesetzt werden.

Dadurch ergibt sich die Frage, ob bestimmte Personen nicht einer Doppelbesteuerung auf ihre Rentenbezüge unterliegen. Diese liegt dann vor, wenn die steuerbefreiten Renten niedriger sind als die eingezahlten versteuerten Beiträge. Im Fokus hierbei: Derzeit berücksichtigen die Finanzämter bei der Berechnung des steuerfreien Teils der Rente nicht nur den sogenannten Rentenfreibetrag, sondern auch den Grundfreibetrag, der jedem Steuerzahler zusteht, also nicht nur den Rentnern.

In dieser Frage hat sich nun im Rahmen einer anhängenden Klage der Bundesfinanzhof konkret geäußert und erstmals Berechnungsparameter genannt, die zu berücksichtigen sind.

Die wesentlichen Punkte in der Übersicht:

  • Grundsatz zur doppelten Besteuerung: Eine solche doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge. Es gilt das Nominalwertprinzip, d.h. die Geldentwertung durch Inflation wird nicht berücksichtigt. Gut für die Staatskasse
  • Der jährliche Rentenfreibetrag wird als Teil der steuerfreien Rentensumme mit der statistischen Lebenserwartung zu Rentenbeginn multipliziert. Neu hingegen ist die Klarstellung, dass auch der mögliche Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente bei verheirateten Rentnern mitgerechnet werden muss. Grundlage zur Berechnung ist die statistische Lebenserwartung des Partners. Gut für die Staatskasse
  • Der sogenannte Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum jedes Steuerpflichtigen sichern soll, darf bei der Berechnung des „steuerfreien Rentenbezugs“ nicht berücksichtigt werden. Schlecht für die Staatskasse
  • Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in der Rentenphase werden ebenfalls nicht als steuerfreier Rentenzufluss angesehen. Schlecht für die Staatskasse
  • Steuerliche Pauschbeträge, wie z.B. 102 Euro im Jahr bei Rentnern dürfen nicht als steuerfreier Rentenzuflüsse zählen. Schlecht für die Staatskasse

Was bedeutet dieses Urteil nun konkret für den Steuerzahler? Dies bleibt abzuwarten. Der Gesetzgeber müsse nun das Altersvorsorgegesetz ändern, um die Vorgaben der Berechnung umzusetzen, sagte der Vizepräsident des Bunds der Steuerzahler in Bayern, Klaus Grieshaber.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass folgende Personen sich die größten Hoffnungen auf zukünftige Steuererleichterungen machen dürfen:

  • Spätere Rentnerjahrgänge, da der geltende Rentenfreibetrag für jeden kommenden Rentnerjahrgang bis 2040 stets kleiner wird.
  • Männer, da sie eine geringere statistische Lebenserwartung als Frauen aufweisen.
  • Singles, weil die Hinterbliebenenrente bei Verheirateten als steuerfreier Teil berücksichtigt werden muss.
  • Selbstständige, weil ihnen in der Zeit vor 2005 überhaupt kein steuerfreier Rentenbeitrag zustand, also ihr kompletter Rentenbeitrag nicht steuermindernd berücksichtigt wurde.

Wer als Rentner einen aktuellen Steuerbescheid erhalten hat, kann Einspruch erheben und aufgrund der Entscheidung des BFHs auf das Ruhen des Verfahrens drängen. Der Einspruch muss schriftlich innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheids eingereicht werden.

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